Ich bin ja nicht nur Business Coach in Boots, sondern auch leidenschaftliche Fernwanderin. Hier sind 6 Dinge, die mich das Wandern gelehrt hat, die ich gut auf mein eigenes glückliches Arbeiten übertragen kann und die auch dich vielleicht daran erinnern, dass das Vorankommen jeglicher Art auch nur ein Weg ist…
So fing es an
Während meiner ersten Schwangerschaft stelle ich mir die Elternzeit als eine große leere Blase vor, die ich daher schon vorher mit Enthusiasmus zu füllen versuchte. Ich kaufte einen Museumsführer von Berlin und nahm mir vor mit dem Kind jedes einzelne Museum zu besuchen. Ich wollte wieder anfangen Briefe per Hand zu schreiben und via Briefmarke zu verschicken. Außerdem blieb ich als leidenschaftliche Fernwanderin beim Buch Fernwanderweg 66-Seen-Weg um Berlin hängen – den wollte ich mit Kind im Tragetuch ablaufen…
Und dann kam das Leben. Die Schwangerschaftshormone hatten meinen Bewegungsapparat derart verändert, dass ich auch Monate nach der Geburt kaum laufen konnte. Ein Ausflug zum See am Ender der Strasse war fast mehr Abenteuer als ich körperlich verkraften konnte.
Auch die zweite Schwangerschaft setzte meine Bewegungsfähigkeit derart außer Kraft, dass Laufen nur unter Schmerzen möglich war.
Mein erster Schritt zurück zum Wandern kam mit meinem Angebot des Walk & Talk Business Coaching im Wald um den Müggelsee, für Klienten, die wie ich schwer still sitzen können und sich selbst draußen einfach näher kommen.
Aber der Traum vom 66-Seen Weg blieb und wartete auf ein Gesundwerden und Wiederfitsein. Und ich wartete und wartete… Bis ich mir endlich die berühmte Coaching Frage stellet – wann war ich denn gesund und fit genug, woran würde ich das denn merken? Wann war gut genug?
Januar 2015. Weil ich da die Entscheidung traf, es einfach mal zu probieren. Kurze Strecken. Keine großen Pläne. Nur von Mal zu Mal sehen wieviel geht. Einfach mal losgehen und schauen, was dabei rauskommt…
Seitdem laufe ich einmal im Monat einen Streckenabschnitt. Ein Jahr später bin ich fast rum um Berlin und verliebe mich bereits in den nächsten Fernwanderweg (Harzer Hexenstieg).
Ich schreibe Artikel Entwürfe unterwegs, brainstorme auf Stegen, spreche spontane Mikro Podcasts, fotografiere, entwerfe und mache selbst Onlinekurs Übungen.
Und so sind auch die folgenden Coach-in-Boots Weisheiten fragmentarisch unterwegs entstanden…
Sorge für dich
Dein Körper braucht Wärme, Trockenheit, Beweglichkeit, Schmerzfreiheit, Ruhe, Durst, Hunger, Müdigkeit, Sicherheit…
Den ganzen Tag mit deinem animalischen Selbst in Kontakt und Du merkst wieder, wie wichtig, das wirklich Wichtige ist.
Wenn du nicht für dich sorgst landest du eventuell mit gebrochenem Fuß im Graben, nass, ohne Handyempfang…
Du bist dein Körper und dein Körper bist du. Sorge für dich, so dass du das, was du dir vorgenommen hast (Weg, Projekt…) auch schaffen kannst.
Halte eine gute Balance zwischen Plan und Präsent sein
Auf dem Weg zur Tagesstrecke schaue ich mir den Weg sowohl auf der Karte als auch in der Beschreibung an, um mir schwierige Etappen, schlecht ausgeschilderte Wege und interessante Besonderheiten vorzumerken.
Vor Ort nehme ich den Blick hoch und orientiere mich an dem, was vor mir liegt. Manchmal sind Reiseführer veraltet und Restaurants unterwegs sind inzwischen zu, neue sind hinzugekommen, Wege sind wieder begehbar oder Biber haben einen Wanderweg überflutet und ich muss nach Alternativen suchen. Es bleibt spannend.
So kriege ich mit wo ich überhaupt bin. Es ist ja nicht nur der Weg zu schaffen, ich möchte ja auch erleben und da sein.
Genauso funktioniert mein Zeitmanagement: ein grober, großer Plan mit wichtige Details, dann ein aufmerksames Schritt für Schritt nach vorn laufen. Immer wieder mal kurz einchecken. Immer wieder die nächsten Schritte planen und nachkorrigieren entsprechend der Begebenheiten.
Nimm minimales und multifunktionales Gepäck mit
Wenn ich laufe spüre ich jedes Gramm zu viel und trotzdem kann etwas Vergessenes das verfrühte Ende der Wanderung bedeuten.
Auch beim Arbeiten konzentriere ich mich lieber auf die Inhalte selbst. Meine minimalistischen Arbeitswerkzeuge bevorzuge ich ebenso in multifunktionaler aber guter Qualität. Ich glaube immer noch, dass Dinge ein Leben lang halten sollten und eventuell sogar noch vererbar sind… Eine Vertrautheit in der Handhabung ist mir wichtiger als ein Verzetteln mit eventuell speziellerem aber zusätzlichen Tools.
Bei jeder Neuanschaffung wäge ich ab zwischen Nutzen, Gewicht (finanziell) und Sperrigkeit (Handhabung).
Slow
Wenn Du langsamer gehst und dir kürzere Tagesetappen vornimmst, hast du mehr Gelegenheit unterwegs zu verweilen, da zu sein, statt nur durch zu rennen, um Strecke zu schaffen. Ich bin aus gesundheitlichen Gründen langsam losgelaufen – 12km statt 42km wie früher. Und das Geschenk war nicht nur ein schmerzfreier Tag, sondern auch einfach Zeit…
Zeit dir von Rentnern im freiwilligen Dienst Heimatmuseen zeigen zu lassen.
Zeit auf einen Plausch mit einer älteren Dame im Rollstuhl, die am Seeufer des Luxus Altenheims abgestellt wurde um die Aussicht zu genießen.
Zeit im Café eines Supermarktes im Gewerbegebiet mitten im Nirgendwo 3 Stunden an einer Idee zu schreiben.
Zeit einfach nur auf einem Steg zu liegen und sich den ersten Sonnenbrand des Jahres zu holen.
Zeit alles intensiver wahrzunehmen, aufzunehmen und in sich wirken zu lasse. Aus den Eindrücken neues zu basteln.
Zeit die Eindrücke Impulse werden zu lassen. Inspiration, Ideenbausteine…
All das ist beim Arbeiten genauso. Vieles lässt sich hetzen, aber nicht wir Menschen in unserer Fähigkeit Dinge nachwirken zu lassen, zu verarbeiten…
Um Qualität statt Quantität entstehen zu lassen, braucht es Zeit.
Rosinen und der Kuchen
Manchmal sind bestimmte Strecken unspektakulär, langweilig, matschig, ganz zu schweigen von unwegsam mit unzureichenden Weg Markierungen…
Manchmal ist es die richtige Entscheidung mit dem Bus vorzufahren. Und dann ist es manchmal auch einfach nur gut, keine Energie darauf zu verschwenden, sich die Rosinen aus dem Kuchen zu picken und sich den Stress zu machen, ja das Beste für sich heraus zu suchen und das weniger spannende herauszufiltern und umgehen.
Manchmal läufst du einfach weiter und weiß, dass jeder Weg ein Ende hat und anders werden wird. Und manchmal kostet dieses Weiterlaufen auf langweiligen und matschigen Strecken weniger Energie als der ständige Druck und Stress sich ja das Beste ausgesucht zu haben.
Leute nach dem Weg fragen
Seit ich in Cassis vor Marseille den Auto Weg zur Jugendherberge gelaufen bin, weil ich aufgrund von Sprachmangel zwar ständig die richtige Antwort erhalten habe: A pie? Qui. Les calanques. Sie aber nicht verstanden habe. So fragte ich weiter, bis ich eine Antwort bekam, die ich verstand: La rue de Marseille. Und so lief ich statt 2km Fußwegs die 15 km lange Auto Route. Bei 38 Grad.
Auf dem 66 Seen Weg habe ich mich auch schon mehrmals verlaufen. Einmal lief ich verloren 5km an einer stark befahrenen Straße entlang und war dann endlich wieder dem Wanderweg nah. An der Abzweigung von der Straße parkte ein weißer Lieferwagen.
Da werden sie nicht weiterkommen. Da ist nur Matsch, erklärte mir der Fahrer. Ich erklärte kurz meine Situation. Er beharrte – da ist nur Matsch und letztendlich kommt der Weg doch wieder hier raus an der Straße. Da kann man sich das doch sparen. Ich will ihnen ja nix einreden, aber hier weiter geradeaus ist einfacher. Er wünschte mir einen schönen Tag, sprang ins Auto und fuhr die asphaltierte und einfache Straße entlang. Die einfache Straße für ihn.
Ich lief dann doch noch brave 20 Meter die Straße weiter bis es endlich bei mir ankam. Also lief ich wieder zurück und zum Matschweg, der sich als wunderschöner und autofreier Uferweg erwies, der in einem Schlosspark mündete…
Der Autofahrer hatte es gut gemeint. Aber wahrscheinlich kannte er diesen Weg nur vom Autofenster aus. Manchmal wenn Leute dir ungefragt Rat geben – dann sind sie besonders von ihrer Sache überzeugt und wollen gar nicht wissen, worum es dir eigentlich geht.
Matsch mit Ruhe und Aussicht übers Wasser. Langer matschiger Weg statt schnelle Straße, wo ich ständig in Lebensgefahr schwebe.
Wenn du also um Rat bittest, sei dir der Werte und Entscheidungskriterien der anderen Person bewusst. Was ist ihr wichtig? Was ist ihr Weg? Wie sehr ist ihr Rat auf deinen Weg konzentriert? Lässt sie sich darauf ein, herauszufinden, worum es dir geht? Teil sie vielleicht einfach auch nur ihre Geschichte… Auch das ist OK, aber du solltest es eben wissen und deine Entscheidung entsprechend ausfallen lassen.
Hätte es auf dieser Strecke geregnet oder hätte ich schnell zum Ziel gewollt, wäre die Straße die bessere Wahl gewesen. Aber so hatte ich Zeit unter einer alten Eiche im Park vor dem Schloss mit Blick auf den See zu sitzen und diesen Text zu schreiben…
Fotos und Details von meinen Wanderungen poste ich regelmäßig auf meiner Facebook Seite mit dem Hashtag #slow66berlin
Wenn du mehr über den 66-Seen Weg erfahren möchtest, findest du hier viele gute Details und Informationen: Der 66-Seen Wanderweg.
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