Leide gefälligst leise…
…oder warum es so wichtig ist, die Illusionen zu durchbrechen…
Wenn du deine Schmerzen, dein Leiden, deinen Unmut klar und deutlich kommunizierst, bringt das immer auch die heile oder ‚heil-gehaltene‘ Welt der Anderen ins Wanken.
Es erinnert sie an ihre eigene emotionale Realität und das macht ihnen Angst, es macht sie wütend oder auch traurig, vielleicht auch beschämt… Und nix davon wollen sie fühlen.
Also höre du auch gefälligst auf damit und klär ‚dein Zeug‘ mit dir selbst.
Die Welt ist gefälligst schön und wir sind alle glücklich. Verstanden?!
Jetzt wird es ungemütlich
‚Armut, existenzielle Ängste, bedrohliche Sorgen oder lähmender Schmerzen – alles, was Menschen davon abhält, das Leben zu genießen, soll denen nicht zur Last fallen, die es problemlos können. Die Sorgenfreien sollen nicht gezwungen werden sein, andere Perspektiven einzunehmen oder gar den eigenen Genuss in Frage zu stellen.‘
Kübra Gümüşay (Sprache und Sein)
Es begegnet mir immer wieder dieses Phänomen: Emotionale Verdrängung, die als positives Mindset verkauft wird. Und auch ja, bitte nicht gestört werden soll. Das Ungerechtigkeitsempfinden geht nur so weit, wie da eigene Freiheitsempfinden reicht.
Mit der Arroganz der Unversehrten bestimmen sie, was angebracht ist. Und was nicht.
Was, wann, wie benannt werden darf. Und was nicht.
Ach, das geht so gar nicht!
Vielleicht kennst du das ja selbst…
Du wirst gemobbt auf der Arbeit…
Und kannst seit Monaten nicht mehr richtig schlafen. Die Blicke, die ständigen Bemerkungen und sarkastischen Kommentare zu deiner Arbeit. Neulich hat sogar jemand ‚aus Versehen‘ dein Mittagessen in den Müll geworfen, mit der Bemerkung, dass habe so übel gerochen, das war wohl schon schlecht…
Deine Chefin sagt, du sollst dich besser integrieren. Vielleicht mal Kuchen mitbringen. Oder Bier. Deine Kolleg:innen können dich halt schwer einordnen. Du bist ihnen fremd. Mach‘ es ihnen leichter…
Du trinkst kein Bier und deinen Kuchen, haben alle im Pausenraum stehen gelassen.
Auf dem Weg ins Büro steigst du eine Station früher aus dem Bus, um deine Übelkeit und Panik ‚wegzulaufen‘? Du möchtest lieber frisch gelaunt auftauchen und das Büroklima nicht belasten mit deiner Überempfindlichkeit.
Deine Chefin meinte nach dem stehen gelassenen Kuchen: ‚Da muss man sich halt einfach mal eine dicke Haut zulegen und sich besser abgrenzen können… So sieht Professionalität aus!‘
Du bist so müde…
…dass kein Schlaf der Welt das je wieder ausgleichen könnte. Du schaffst es gerade so die Aufträge deiner Klient:innen fertig zu stellen, um deine Miete und Essen zu zahlen.
Morgens um 4 Uhr verbrennst du dich vor lauter Müdigkeit am Backblech mit den Keksen für das Sommerfest der Kita… Und dann heulst du einfach eine Stunde auf dem Küchenfussboden – leise, um die Kinder nicht zu wecken.
In der Kita werden deine gekauften Kekse belächelt. Eine ‚befreundete‘ Mutter rät dir doch mal Yoga zu machen, man muss halt gut auf seine Work-Life-Balance achten.
Du willst das alles so nicht mehr…
Ihr seid als Eltern losgezogen und wolltet alles gleich verteilen. 50/50 Eltern sein. 50/50 für euer finanzielles Einkommen sorgen.
Und nun hast du den ‚guten‘ Job und der Kredit muss abbezahlt werden.
Ihr möchtet, dass es eueren Kindern gut und sicher geht… Ihr liebt sie über alles. Ihr wolltet sie so unbedingt. Ihr wollt es gut machen. Und da braucht es doch Geld und Sicherheit. Oder?
Und so bleibst du zu 100% in deinem Job, der dich auslaugt.
Weil du täglich Dinge tust, die jenseits deiner Werte und Visionen dessen, was du beitragen möchtest, liegen. Weil du deine Kinder vermisst und so viel gemeinsame Lebenszeit verpasst.
Weil von dir kaum noch etwas übrig ist am Ende des Tages.
Weil ihr euch beide nur noch verbittert und frustriert begegnet, beide unglücklich und hoffnungslos, etwas an der Situation ändern zu können. Es braucht halt jemanden, der/die zu Hause bleibt, wenn die Kinder krank sind, wenn Kita Schließzeit ist, wenn Fortbildungstag der Erzieher:innen ist. Es braucht halt jemanden, der/die Kinder nicht erst um 17:30 von der Kita abholt (wenn sie überhaupt so lange aufhat).
‚Das ist halt aber so und so macht man das halt, wenn man Kinder haben will. Da ist kein Platz für verrückte revolutionäre Veränderungen‘, haben deine Eltern gesagt. Da musst du halt durch. Haben sie ja damals auch so gemacht.
Wann, wenn nicht jetzt? Wer, wenn nicht wir?
Lasst uns die Illusionen durchbrechen. Die Illusion der heilen Welt. Die Illusion der Zugehörigkeit.
Aufgegebene Werte und Visionen, Yoga, Work-Life-Balance, Bier mitbringen und dicke Haut erhalten das System, das für niemanden von uns wirklich funktioniert.
Nein, auch nicht für diejenigen, die davon profitieren. Langfristig jedenfalls nicht.
‚So weh es auch tut, verwundbar zu sein: Manchmal sagt eine Träne mehr als tausend Worte. Insbesondere in Zeiten des lauten Schweigens.‘
Kübra Gümüşay (Sprache und Sein)
Alle, die solche Tipps verteilen sehen nicht ein, warum ausgerechnet du aussprechen darfst, was hier nicht stimmt, wenn sie sich doch selbst alles so brav geschluckt haben.
Und doch – wer macht den Anfang? Wer ruft als Erste:r: ‚ Der Kaiser hat ja gar nichts an und ist nackt!‘? Wer hat den Mut? Wer übernimmt die Verantwortung? Wer geht den ersten Schritt? Wer erschafft Wege, wo vorher noch keine waren?
Wir alle.
Indem wir uns so haben.
Indem wir uns nicht dem ‚Imperativ der Fröhlichkeit‘ beugen, wie meine Kollegin Antje Rach es so treffend benannte.
Indem wir erkennen, dass es im Leben nicht nur darum geht, das Glück zu fühlen. Sondern alles! Geballte Ladung Leben.
Nur so kommen wir weiter. Einzeln und gemeinsam. Nur so kommen Veränderungen und Fortschritt zustande. Indem sich jemand so hat und nach Besserem sucht und umsetzt.
Es braucht, dass wir diese ‚Illusion der Zugehörigkeit‘ (Kübra Gümüşay, ‚Sprache und Sein‘) aufbrechen und die Demütigungen nicht länger verbergen, auch wenn dies ‚die Illusion der heilen Welt der anderen zerplatzen‘ lässt.
Leide laut und klar und deutlich
Fang mit deiner ganz eigenen Klarheit an. Erstmal unabhängig davon, was im Außen möglich ist. Erstmal unabhängig davon, was andere verstehen oder nicht. Erstmal unabhängig, was andere brauchen. Erstmal unabhängig davon, wessen Illusionen du damit gefährdest. Erstmal unabhängig davon, was dir möglich erscheint zu kommunizieren und umzusetzen.
Fang erstmal nur mit deiner ganz eigenen Klarheit an. Nur für dich.
Wie geht es dir?
Was fühlst du?
Welche Emotionen schicken dir Notizzettel rüber?
Was steht auf diesen?
Was brauchst du?
Lass das erstmal nur stehen. Nimm es einfach erstmal nur an.
Wenn wir zu schnell mit Lösungen, nächsten Schritten und den Erwartungen anderer Leuten ankommen, fangen wir an zu manipulieren. Uns selbst. Oder auch andere.
‚Ich darf das erst fühlen, wenn ich dafür auch im Außen ‚geradestehen‘ kann‘, also fühl ich mich lieber anders…‘
oder
‚Ich überrede die andere Person dazu, sich anders und mir angepasst zu fühlen und zu denken, damit ich meins fühlen und denken kann…‘
Deine Klarheit. Erstmal nur für dich…
Die nächsten Schritte kommen danach…
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Was steht auf dem Notizzettel? – Blog Artikel Jesta Phoenix
Kübra Gümüşay Sprache und Sein
(Umschlagtext:
Dieses Buch folgt der Sehnsucht: nach einer Sprache, die Mensch e nicht auf Kategorien reduziert. Nach einem Sprechen, das sie in ihrem Facettenreichtum existieren lässt. Nach wirklich gemeinschaftlichem Denken in einer sich polarisierenden Welt.
Kübra Gümüşay setzt sich seit langem für Gleichberechtigung und Diskurse auf Augenhöhe ein. In ihrem ersten Buch geht sie der Frage nach, wie Sprache unser Denken prägt und unsere Politik bestimmt. Sie zeigt wie Menschen als Individuen unsichtbar werden, wenn sie immer als Teil einer Gruppe gesehen werden – und sich nur als solche äußern dürfen. Doch wie können Menschen wirlich als Menschen sprechen? und wie können wir alle – in einer Zeit der immer härteren, hasserfüllteren Diskurse – ander minteinander kommunizieren?)
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CoverPhoto by Mitchel Lensink on Unsplash
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