Der Chor deiner inneren Stimmen
Oder warum du aufhören solltest, auf die einsamen Held:innen zu warten
Wir hören einfach die falschen Geschichten. Der einsame Held, manchmal sogar die Heldin, eilen herbei und retten alle. Von der Bedrohung. Von den Bösen. Oder dem einen Bösen oder Oberbösen (einzeln ist immer imposanter). Und wenn der eine nicht kommt, dann sind wir alle verloren. Weil es kann ja nur einen geben. Einen, der alle Fähigkeiten, die man zur Besiegung des Bösen oder zur Lösung des Problems braucht, in sich vereint. Ein bisschen reicht nicht. Alles oder nichts. Schwächen jeglicher werden überwunden. Allein dafür ist die gesamte Reise des Helden da – für alle Prüfungen und Bedrohungen gewappnet zu sein. Für immer.
WTF.
Und so wartest du. Auf die eine Person. Auf die eine Lösung. Im Außen. Wie im Inneren.
I need a hero
I’m holding out for a hero ‚til the morning light
He’s gotta be sure, and it’s gotta be soon
And he’s gotta be larger than lifeBonnie Tyler – Holding out for a Hero (song)
Es werde keine einzelnen Held:innen kommen
Weil sie noch nie einsam und einzeln unterwegs waren. Auch wenn die Geschichten, die wir uns erzählen, das immer behaupten. Wir hören einfach zu wenig von den Geschichten, wo die Held:innen Reise das Zusammentun vieler kleiner Mikro-Held:innen beinhaltet.
‚Wir sind nicht gut darin Geschichten zu erzählen, wie hundert Leute gemeinsam etwas bewegen oder uns klarzumachen, dass die Fähigkeiten, die es braucht, um einen Ort zu bewahren oder die Welt zu verändern, in erster Linie nicht körperlicher Mut und physische Gewalt sind, sondern die Fähigkeiten zu koordinieren, zu inspirieren, sich mit vielen anderen Leuten zusammenzutun und Geschichten darüber zu finden, was einsam sein könnte und wie wir dorthin gelangen‘ (Übersetzung Ronja von Wurmb-Seibel in ‚Wie wir die Welt sehen‘ Rebecca Solnit in ihrem Essay ‚When the Hero is the problem‚ )
‚…Auf diese Art verschleiern Geschichten von Held:innen unsere Möglichkeiten zu gesellschaftlicher Teilhabe: Wenn uns immer wieder erzählt wird, dass es Aufgabe einzelner Personen ist, drängende Probleme aus der Welt zu schaffen, übersehen wir leicht, dass wir für die meisten Probleme unsere Zeit etwas anders brauchen als eine:n herbeieilende:n Held:in.
Zusammenarbeit zum Beispiel, Verhandlungen, soziale Bewegungen, Proteste, breitflächige Koalitionen verschiedener Aktivitst:innen innerhalb unserer Zivilgesellschaft.‘
Ronja von Wurmb-Seibel
Und das gilt im Außen in deiner Zusammenarbeit mit anderen, als auch in deinem Inneren, wo es keiner einzelnen Solostimme bedarf, die dir die eine richtige Lösung, die eine richtige Entscheidung zuflüstert.
Dieser verinnerlichte Es-kann-nur-einen-geben Mythos, den du aus den dir erzählten Geschichten übernommen hast, macht dir auch das Leben mit dir selbst zur Hölle. Nämlich dann, wenn es in dir keinen Frieden mehr gibt und du dich vor lauter innerer Zerrissenheit nur noch um dich selbst drehst, ohne weiterzukommen.
Es wird keine einzelne richtige Stimme in dir geben
Du willst, dass sich dein Team auf dich verlassen kann und du willst auch abends pünktlich bei deiner Familie sein. Egal, wofür du dich entscheidest, es fühlt sich nicht gut an und immer bleibt ein schlechtes Gewissen.
Du willst einen Job mit Sinn machen und du möchtest auch keine finanziellen Existenzängste mehr haben. Aber das scheint sich für dich innerlich einfach immer wieder auszuschließen und du landest entweder in dem einen Extrem oder in dem anderen. Du verzichtest zugunsten der Idee auf regelmäßiges Einkommen, denn andere haben es ja noch schwerer als du. Oder du machst einen Job, der dir ein gutes und regelmäßiges sicheres Einkommen gibt, der aber am Ende des Tage nichts mehr von dir übrig lässt, weil du es kaum aushältst täglich gegen deine einen Werte verstoßen zu müssen.
Du willst endlich ein großes neues und endlich bequemes Sofa für dein Zuhause. Du liegst einfach so gern abends noch rum und hast es gemütlich. Aber die Reisekasse hat schon alle Ersparnisse für dieses Jahr aufgesaugt. Wenn du diesen Abenteuerurlaub zugunsten einer Pauschalreise aufgibst, fühlst du dich nur noch als Spießer:in
Ja, du bist viele. Und das ist auch gut so.
Wir alle bestehen aus verschiedenen Persönlichkeitsanteilen. Und sie meinen es alle gut mit uns. Ja, auch die destruktiven. Ja, auch die, die dir ständig erzählen, dass du nicht genug bist, oder dass du zu viel bist. Diejenigen, die immer dazwischen quatschen, wenn du eigentlich schon eine Entscheidung getroffen hast. Und auch die, die sich so laut miteinander in dir zoffen, dass du vor lauter Zerrissenheit dich nicht gut fühlst, egal wofür du dich entscheidest.
Sie meinen es alle gut. Auch wenn sie manchmal noch nicht die beste Strategie gefunden haben für das, was sie für dich eigentlich erreichen wollen.
Und selbst wenn sie diese haben, heißt das noch nicht unbedingt, dass sie als Team gut mit alle den anderen Anteilen in dir zusammenarbeiten. Wenn es nur eine:n geben kann, dann wollen natürlich sie das sein. Sie haben ja einen Auftrage. Sie haben ja ein Ziel für dich.
Und so kämpft es weiter in dir zwischen allen möglichen Einzelkämpfer:innen. Weil für Zusammenarbeit, Kooperation, Verhandlungen fehlen uns oft die Vorbilder.
Das Gemeinsame der Stimmen finden
Und nun?
Nun machst du dich auf und entdeckst das Abenteuer deine inneren Stimmen, deine inneren Anteile gemeinsam zu einer Stimme für dich werden zu lassen – als Chor.
Suche in den Held:innen Geschichten nach dem gemeinsamen Handeln. Das gibt es immer, auch wenn sich ein Scheinwerfer leichter auf eine Person richten lässt. Lass dich inspirieren. Lass dir Mut machen. Lass die Idee des gemeinsamen Held:innentums in dir ein Zuhause finden und zu einer Selbstverständlichkeit werden.
Suche bei deinen inneren Stimmen und Anteilen nach dem Gemeinsamen. Meistens ist es dort zu finden, wo sie für dich sorgen wollen. Lass sie gemeinsame kreative Lösungen und Wege finden.
So kann ich dich dabei begleiten
Wenn du auf das innere Hin und Her in dir keine Lust mehr hast und dir mehr innere Klarheit und Fokus wünschst, aber vor allem endlich inneren Frieden – dann lass uns reden.
Im Emotionscoaching finden wir gemeinsam heraus, welche Anteile in dir Unfrieden stiften und versöhnen sie, stärken sie und lassen sie auf neue und kreative Kooperationsideen kommen.
Vereinbare ein kostenloses Vorgespräch und wir besprechen dann, wie wir am besten gemeinsam vorgehen, so dass deine inneren Anteile im Chor für dich singen.
Links und Empfehlungen
When the Hero is the problem – Rebecca Solnit (Essay)
Wie wir die Welt sehen – Was negative Nachrichten mit unserem Denken machen und wie wir uns davon befreien‘ – Ronja von Wurmb-Seibel (Buch)
Photo by Priscilla Du Preez on Unsplash
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!