50 – 25 – 12 – 3: Ich könnte, ich sollte, ich würde, ich werde…
Ich glaube an das glückliche Arbeiten. Ich glaube, dass wir nur dann wirklich unser Bestes geben und einbringen können. Wenn wir gestresst, uns selbst verbiegend und immer nur einer utopischen To-Do-Liste hinter hetzend durchs Leben ziehen, verbrauchen wir die meiste unsere Energie fürs Aushalten, fürs ständig auf Adrenalin sein und fürs Irgendwiehinkriegen und ständig in Angst, Sorge, Scham sein…
Alle anderen haben irgendwo heimlich gutes Zeitmanagement gelernt, nur wir nicht. Das Was unseres Arbeitens haben wir uns mit der Selbstständigkeit ja sehr genau ausgesucht. Aber das Wie hinkt immer hinterher, so wie wir unserem Zeitplan… Sollte es sich nicht von allein einstellen und einfinden? Jetzt machen wir doch, was wir immer wollten – wo bleibt denn da nur das Glück?
Glück ist immer beides zusammen: Sinn & Vergnügen. Klar kann das Eine mal kurzzeitig hinten anstehen, wenn das Andere gerade wichtiger ist. Aber im Großen und Ganzen sollte es ein Gleichgewicht ergeben. Bei der Selbstständigkeit schauen wir meist eher auf den Sinn und meinen, dass das Vergnügen ja daraus entsteht, dass wir uns diesen Luxus, diese Anmaßung ‚uns selbst zu verwirklichen‘ ja überhaupt leisten. Reicht es nicht, dass wir machen, Was wir wollen? Nein, das reicht nicht. Das Wie muss genauso authentisch, nachhaltig und lebensbejahend sein, wie wir selbst. Manche nennen das Wie Zeitmanagement…
Viele Selbstständige haben ein Dauer Abo auf das Gefühl der Überwältigung – zu viele Termine, zu viele Ideen, zu viele Projekte, zu viele Dinge, die du machen könntest, zu viele Dinge, die du machen solltest, zu viele Dinge, die du machen würdest und zu wenig Dinge, die du machen willst und dann auch wirklich tust.
Viele Ideen haben ist gut. Es vermittelt ein schönes Gefühl von Fülle und Reichtum an Möglichkeiten. Aber es fängt da an, uns zu lähmen, wo wir anfangen uns, um uns selbst zu drehen, weil wir nicht wissen wo wir anfangen könnten, sollten, würden, werden… Oft kommen wir dann gar nicht vorwärts.
Deswegen gebe ich dir heute für deine entspannte Selbstständigkeit die folgende Übung mit. Es ist eine Methode, dich auf das Wesentliche zu konzentrieren und dann auch wirklich zu machen. Sicherlich braucht die Übung Zeit. Und du hast vielleicht das Gefühl, dass dir genau diese fehlt. Also machst du die Übung nicht und machst stattdessen. Irgendwas. Hauptsache was machen… Oder du nimmst dir diese kleine Auszeit vom geschäftigen Tun und sammelst dich, um dann gezielter und mit mehr Qualität zu arbeiten, anstatt immer nur die Quantität deiner Arbeit aufzustocken.
1. Du fängst damit an 50 Dinge aufzuschreiben, die du ganz allgemein für deine Arbeit oder für ein bestimmtes Projekt machen könntest. Hört sich viel an? Vielleicht. Aber an einem normalen Tag geistern dir sehr wahrscheinlich noch mehr Könnte-Aufgaben durch den Kopf und blockieren deine Konzentration auf das, was vor dir liegt.
Es kann gut sein, dass du nach 25 Punkten denkst, dass es reicht. Versuch trotzdem weiter zu gehen, um wirklich alles abzugrasen und mal aus dem ewigen Gedanken Karussell zu erlösen.
Es kann auch gut sein, dass du dich am Ende der Liste noch überforderter fühlst. Auf Adrenalin. Du möchtest vorpreschen und alles auf einmal machen. Sofort. Und mit ganz viel Lust drauf. Aber wo anfangen? Das ist doch alles nie zu schaffen… Genau. So sieht es wahrscheinlich jeden Tag in dir aus. Deine innere Liste ist wahrscheinlich noch viel länger. Diese Veräußerlichung stellt den Zustand des Alles-Wollens nur noch mal extra künstlich her, damit du bewusst erlebst, wie unmöglich du es dir täglich machst.
2. Mach eine kurze Pause zwischen den einzelnen Schritten dieser Übung. Stell dich ans offene Fenster und schau in die Ferne. Trink ein Glas Wasser. Ganz in Ruhe. Schluck für Schluck. Wenn Du, wie ich solche Selbstcoaching Übungen entfernt von deinem Schreibtisch machst (Café, beim Wandern im Wald, auf der Spielplatz Bank – gern auch ohne eigene Kinder im Sand), dann lauf ein paar Schritte.
3. Nun schreibst du 25 Dinge auf, die du tun solltest. Frag die Stimme, die dir im Nacken sitzt. Oder stell dir die Person in deinem Leben vor, auf die du die Sollte-Verantwortung übertragen hast in deinem (Arbeits-) Leben. Was solltest du tun? Schreibe es auf. Und ja es kann gut sein, dass es völlig konträr ist zu dem, was du auf die Ich-könnte-Liste geschrieben hast oder sich auch innerhalb dieser Liste widerspricht. ‚Sollte‘ kann sehr lächerlich sein. Lass es ruhig. Wir schreiben hier nur auf.
Hier kann es gut passieren, dass du entweder in Lachen ausbrichst oder sehr wütend wirst und eventuell mit der Person in deinem Kopf zu argumentieren anfängst. Lass es geschehen und sich in dir austoben. Wenn du es nicht bekämpfst, ist es irgendwann fertig. Ein paar Schritte zu laufen, hilft auch hier wieder.
4. Nun kommen wir zu den 12 Dingen, die du (gern) tun würdest. Hier kommt das Vergnügen ins Spiel. Worauf hast du wirklich Lust? Von all dem, was du tun könntest – wo sitzt gerade der Enthusiasmus? Wofür brennst du? Auch die Dinge, die du tun solltest werden hier mit reinspielen. Vielleicht hast du irgendwas nicht gemacht, weil es sich in der Stimme deiner Kontrollperson versteckt hat und du aus Rebellion, dem nicht nachgegangen bist. Wenn du es von der Person entfernst – willst du selbst es denn tun? Ist es dir selbst wichtig? Dein Leben ist ja nicht von Reaktionen auf andere regiert. Sondern du agierst von dir aus. Was möchtest du tun?
Hier stellt sich oft ein Gefühl der Ruhe und Übersicht ein. Ist ja viel kleiner geworden die Liste. Und dann noch alles Dinge, auf die du Lust hast und wirklich tun willst. Also los geht’s. Du fängst bestimmt gut an und kriegst auch viel hin, aber spätestens bei der fünften Aufgabe, hast du das Gefühl den Überblick schon wieder verloren zu haben, hinterher zu sein, nicht das zu schaffen, was du dir vorgenommen hast.
5. Also verkleinern wir die Liste nochmals. Und diesmal nicht nur einmal um die Hälfte, sondern gleich zweimal um die Hälfte und kommen bei 3 Dingen, die du tun wirst Versuche spontan aus dem Bauch heraus zu schreiben. Was hat sich in dir festgesetzt, das du als erstes tun möchtest und wirst? Was ist dir besonders wichtig? Bleibe hier nicht im Kopf, dann fehlt dir der Enthusiasmus und du sitzt wieder im Sollen. Wenn du nur drei Dinge tun könntest, was wären sie dann?
Mach dir keine Sorgen, um den Rest deiner Listen. Was dir wichtig ist, bleibt in dir. Und zur Not schaust du nach diesen drei Aufgaben nochmals auf die Listen. Oder schreibst sie nochmal für den jeweiligen Moment.
6. Drei Dinge, die du tun wirst. Setze dir einen Zeitrahmen gemäß den Aufgaben. Sei realistisch. Sei großzügig und kalkuliere den Faktor X (das Unerwartete) mit rein, so wie er in deinem Leben auftritt (für Eltern ist der Faktor X für gewöhnlich sehr hoch…).
7. Sind deine 3 Dinge wirklich Aufgaben? Oder sind sie Projekte? Business Plan schreiben ist ein Projekt, da es zu viele Teilschritte gibt. Den ersten Entwurf des Business Plan Inhalts zu schreiben, ist eine ganz konkrete Aufgabe. Umso spezieller die Aufgaben sind, umso schneller und konzentrierter kannst du sie erfüllen. Und dich gut fühlen, weil sie erledigt sind. Also wenn du kannst, verwandle die 3 Dinge in 3 spezielle Aufgaben. Und nochmals – bis wann möchtest du sie erledigt haben? Sei so genau wie möglich.
8. Schreibe diese 3 Aufgaben auf einen Klebezettel und hefte ihn an deinen Bildschirm (oder was du sonst ständig im Blick hast). Tu nichts anderes (von deiner Liste) bis diese 3 Aufgaben erledigt sind.
9. Nun kannst du dir entweder 3 weitere Dinge von der Ich-würde-Liste holen oder das Ganze nochmals von vorn anfangen. Das ist nämlich ein weiteres Problem von zu langen To-Do-Listen. Sie sind schnell nicht mehr aktuell. Sobald du beginnst was zu tun, ändert sich deine Sichtweise, dein Verständnis, deine Prioritäten, die Situation selbst… Daher ist wichtig, dass wir das große Bild immer wieder aufrufen und nachkontrollieren und uns dann nur für die nächsten (drei) Schritte verpflichten. So arbeiten wir gezielt und konzentriert.
Das reich Gefühl eine Aufgabe sorgsam und vollständig erledigt zu haben.
Lieber drei Aufgaben langsam und gewissenhaft vollbringen, als sich mit 12 Würde-Aufgaben schwindelig zu jonglieren, sich von 25 Sollte-Aufgaben verfolgen zu lassen oder angesichts von 50 Könnte-Aufgaben, wie das Reh im Scheinwerferlicht zu erstarren…
Das Gute an der Übung ist, dass umso öfter du sie machst, umso schneller kannst du sie auch in dir selbst ablaufen lassen und umso sicherer zum Wesentlichen vorzudringen. Nur weil du viele Dinge tun könntest, heißt nicht, dass du sie auch tun musst. Es reicht, wenn du das tust, was du auch tun möchtest.
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Liebe Jesta,
ganz herzlichen Dank für diesen tollen Beitrag zu meiner Blogparade! Ich musste an so vielen Stellen nicken oder schmunzeln. Deine Methode werde ich am Wochenende mal ganz entspannt ausprobieren! Tolle Idee!
Herzliche Grüße und bis bald
Simone
Liebe Simone,
danke für den Anstoss! Inzwischen sind ja viele tolle Artikel entstanden und du bist ’schuld‘;)
Hast du dir inzwischen mal Zeit genommen, die Übung auszuprobieren? Ich würde mich über direktes Feedback freuen.
Herzliche Grüße,
Jesta
Hallo,
das nenne ich eine ordentlichen Trichter. Schritt für Schritt werden aus den Möglichkeiten Handlungen und aus den Handlungen Verpflichtungen. Bis am Ende das übrig bleibt, was man sofort angehen kann.
Ist eine tolle Übung, werde ich demnächst testen.
Danke und viele Grüße,
David Goebel
Lieber David,
bist du inzwischen schon dazu gekommen, die Übung auszuprobieren. Wenn ja, würde ich mich sehr freuen, etwas über deine Erfahrung damit zu lesen.
Herzliche Grüße,
Jesta
Liebe Jesta,
danke für die Idee der 50/25/12/3 Ideen. Habe es heute gemacht – und – naja, der erste Versuch war noch etwas chaotisch :-). Bei meinen 50 waren müsste/sollte/könnte ich Aufgaben vermischt. Aber letzendlich habe ich eine ungeheure Fülle an Aufgaben, die ich machen sollte, gerne machen möchte – und machen werde! :-).
Ich denke mit etwas Übung, bringt das wirklich Ordnung ins Chaos.
Danke sehr – hat mir wirklich sehr gut gefallen.
Liebe Grüße
Silvia
P.S. Habe deinen „Über-Mich“ Podcast gehört – Wow – ganz tolle Stimme! Hast du eine spezielle Ausbildung oder ein Naturtalent? 🙂
Liebe Siliva,
es freut mich sehr, dass du diese Übung versucht hast. Und ja, natürlich war der erste Versuch chaotisch – so fangen wir ja immer an… Es gibt kein Falsch machen hier, aber ja Übung macht es dir bestimmt einfacher, schnell zum Wesentlichen vorzudringen.
Alles Gute an Dich,
J.
PS. Danke für das Podcast Kompliment – ich nehme an, das ist Naturtalent, da ich keine Ausbildung vorzuweisen habe – diesbezüglich jedenfalls nicht…
Wow, Jesta, die Übung hört sich toll an. Ich stecke ein bisschen in der Situation, die du beschreibst und werde die Übung diese Woche noch ausprobieren. Ich berichte dann!
Wunderbar, liebe Jane! Ich bin sehr gespannt auf dein Feedback. Aber weiß auch – alle Werkzeuge brauchen Übung… Herzliche Grüße, j.