Teil 3: Biorhythmus – arbeite mit dir statt gegen dich
Teil 3 der 7 Basics des intuitiven Zeitmanagements
Erledige das Wichtigste in den Hochzeiten deiner Leistungskraft… Dieser Zeitmanagement Mythos hält sich wacker und findet sich immer wieder in Listen der Top Zeitmanagement Tipps.
Stimmt der Mythos? Ja und Nein.
Ja, es hilft dir natürlich, enorm Aufgaben zu erledigen, für die du gerade die notwendige Kraft besitzt.
Nein, weil Aufgaben eben verschiedene Anforderungen an deine Kraft haben und deine Kraft nicht aus einem großen Muskelblock besteht.
Im letzten Teil dieser Blogreihe „Was brauchen deine Aufgaben von dir?“ hast du dich ja bereits mit deinen Aufgaben auseinander gesetzt und herausgefunden, was sie dir abverlangen. Und das ist ja für jede und jeden für uns mal ganz verschieden – auch wenn es sich um dieselbe Aufgabe handelt…
Und diese verschiedenen Kräfte in dir haben eben auch ihre ganz eigenen Zeiten. Und diese sind bei jeder Person verschieden – wir alle haben unseren ganz eigenen Biorhythmus.
Deswegen hilft es dir wenig, eine Aufgabe in eine Zeit zu legen, wenn du dich zum Beispiel besonders wach und enthusiastisch fühlst, wenn deine Aufgabe aber eher eine innere Ruhe und Besinnung von dir braucht.
Jetzt, wo du weißt, was du für bestimmte Aufgaben brauchst, kannst du auf die Suche gehen nach deinen ganz eigenen Zeiten dafür.
Lineares Denken
Das ist das, was manche von uns immer noch für das eigentliche Denken halten: analytisch, rational, von A nach B in gerader und kurzer Strecke.
Das ist das Denken, das Entscheidungen trifft. Das Kriterien aufstellt und dann danach aussiebt. Es ist das Denken, das sich konzentriert in eine Richtung bewegt und auf den Punkt kommt.
Meine persönliche Hochzeit für lineares Denken ist frühmorgens. In meiner Zeit als Uni-Dozentin war das die Zeit, wo ich Hausarbeiten korrigiert habe und als Autorin meine Texte redaktionell bearbeitet habe. Heute ist es die Zeit, in der ich Strategien entwickle, Ideenfetzen prüfe und weiterführe oder ausmiste. Es ist die Zeit, in der ich konzentriert bei einer Sache bin, gespickt mit einer guten Prise Ungeduld, in der ich die Dinge zu Ende bringen möchte.
Laterales Denken
Das ist die Art Denken, die für viele für Kreativität steht, weil sie die ideenreichste ist. Auch wenn für mich Kreativität selbst immer die Kombination von Ideen haben und Ideen weiterentwickeln ist, so bezeichne auch ich diese Phase als meine kreative Zeit.
Es ist die Zeit, in der alles möglich ist. Es ist die Zeit, in der Impulse von außen sofort zu einer inneren Reaktion führen und dann nicht mehr aufhören zu fließen. Alles wird erstmal eingesammelt.
Für mich liegt die Zeit des lateralen Denkens zwischen 17 und 2 Uhr morgens und so war diese für mich als Autorin meine Zeit der ersten Entwürfe, des Spazierengehens und Eindrücke Sammelns, die Zeit, in der ich ungehindert nach Möglichkeiten gesucht habe und alles erstmal irgendwo verstaut habe.
Seit ich Kinder habe, verbringe ich diese Zeit anders. Ich habe zum einen überall Zettel und Stifte liegen und wenn irgendeine Idee sich bemüht, bei mir ein Zuhause zu finden, wird sie von mir sofort an Ort und Stelle festgehalten. Egal wie kurz und bündig. Zum anderen hänge ich alte Wandkalender rückwärts an die Wand und ihre großen leeren Seiten warten auf spontane Mindmap Entwürfe, Zitate, Fragen und was sonst noch durch mich hindurch schwirrt und einen Anker werfen möchte. Das reicht.
Nein, seit ich Kinder habe, bin ich nicht weniger kreativ. Ich bin anders kreativ.Ich nehme meine Ideen weniger für selbstverständlich und gehe achtsamer mit ihnen um. Sie brauchen ja auch gar nicht viel. Manchmal ist alles, was ich habe mein Handy auf dem Spielplatz und eine Minute, bevor meine Kinder wieder meine volle Aufmerksamkeit einfordern und auch kriegen – und so spreche ich die Idee als Voice Memo auf, um sie am nächsten Tag während meiner morgendlichen Phase des linearen Denkens weiter zu entwickeln.
Soziale Zeit
Besonders für die Introvertierten unter uns ist es wichtig zu wissen, wann wir unsere kurzen, aber vorhandenen extrovertierten Zeiten haben, da alle Aufgaben mit sozialem Kontakt außerhalb dieser Zeiten so sehr viel Kraft von uns einfordern.
Aber auch für Menschen, die manchmal als ‚Morgenmuffel‘ bezeichnet werden, ist es gut zu erkennen, dass sie gar nicht unbedingt schlecht drauf sind, sondern einfach noch nicht so weit sind, sich mit anderen Menschen auseinander zu setzen. Frühmorgens ist einfach nicht ihre soziale Zeit.
Es ist die Zeit, wenn wir am besten reden und auch zuhören können. Wenn wir am Austausch mit anderen wachsen, Kraft gewinnen und mehr werden. Es ist die Zeit, wenn wir nach außen gehen möchten und auch Impulse von außen suchen.
Mein großes Glück als Coach und Trainerin liegt darin, dass meine soziale Zeit zwischen 10 und 15 Uhr liegt. Das ist wunderbar für die Arbeit mit KlientInnen, für Workshops und Online Auftritte. Es ist gar nicht so gut für abendliche Netzwerk Veranstaltungen mit vielen Leuten, bei denen ich aus genau diesem Grund nie lange verweile, wenn ich denn überhaupt vorbeischaue… Ich bin eher der Typ für ein individuelles Power-Lunch.
Emotionale Zeit
Viele von uns sind sich gar nicht mehr bewusst, dass es Zeiten am Tag gibt, wo wir uns einfach verletzlicher fühlen, wo wir mehr zweifeln und schneller in unsere Ängste hineinfallen. Wir sind es halt gewohnt, uns zusammen zu reißen, die Zähne zusammen zu beißen, uns in den Hintern zu treten, professionell (= un-emotional) aufzutreten, uns zu überwinden, uns nicht so zu haben und so weiter und so fort…
Dabei brauchen wir die Emotionen. Nicht nur, weil sie eben zu uns gehören und allein deswegen Existenzrecht haben, sondern weil wir auch und gerade aus ihnen so viel Kraft schöpfen. Unser Enthusiasmus, unsere Motivation, unsere Leidenschaft – all das, was uns Resilienz, Verbundenheit, Vision und Bulldozer-Kräfte in schwierigen und hindernisreichen Zeiten ermöglicht, ist auf Emotionen gebaut. Und diese gibt es nun mal nicht nach dem Aussieb-Prinzip – die guten ins Töpfchen, die schlechten ins…
Es heißt auch nicht, dass wir in unseren Zeiten der Dünnhäutigkeit der Welt den Rücken kehren müssen und uns in Watte packen. Dünnhäutig zu sein macht uns auch besonders empfänglich – für Ideen und neue Möglichkeiten, für das, was andere uns erzählen und auch non-verbal kommunizieren, für unsere innere Stimme und Intuition, die aus Erfahrungen und abgespeichertem Wissen in unserem Unterbewusstsein besteht…
Ich nutze diese Phasen besonders, um mir Zeit zu nehmen für komplexere Situationen, vor allem wenn ich mit linearem Denken nicht weiterkomme. Dann meditiere ich (auch wenn ich nie länger als 5 Minuten schaffe), betreibe emotionales Brainstorming und übe mich einfach im Halten von verschiedensten Gefühlen, die mitunter gleichzeitig auf mich hereinströmen. Manchmal setze ich mich auch einfach in unsere Besenkammer, mache das Licht aus und frage in mich hinein – was möchte ich eigentlich, wenn ich nicht auf all die Impulse von außen reagieren muss? Meine emotionale Hochzeit ist zweigeteilt – morgens direkt nach dem Aufwachen und nachmittags zwischen 14 und 16Uhr.
Körperliche Kraft
Für manche spielt das gar keine Rolle mehr. Leider.
Oder sie brauchen diese Kraft vor allem zum Sitzen auf dem Bürostuhl, weil sie von all der Zeit vorm Computer Rücken und Nackenbeschwerden haben oder einfach schwer lange stillsitzen können. Ich bin eine so eine.
Dies war auch der Impuls, mein Angebot als Business Coach auf das Walk & Talk Coaching auszuweiten für Leute, die wie ich schwer lange stillsitzen können und in der Bewegung einfach besser und weiter nachdenken können.
Meine körperliche Hauptzeit liegt am Vormittag und ich brauche mich danach nicht wirklich an den Schreibtisch zu setzen, weil mein Rücken das einfach nicht mehr mitmacht. Nach einem besonders anstrengenden Sitztag lege ich mich in die Badewanne zum Lesen all der Blogartikel, die ich mir während des Tages extra dafür aufhebe. Oder ich renne auf dem Spielplatz einfach mit. Mein Körper mag am liebsten die Tage, an denen ich morgens beim Walk & Talk Coaching drei Stunden durch den Wald laufe, dann 2-3 Stunden am Schreibtisch sitze und schließlich am Nachmittag mit den Kindern schaukle oder mit lautem Hurra die Rutsche entlanggesaust komme, um schließlich am Abend gut gebraucht früh und ruhig einzuschlafen.
Wer kann schon immer nach eigenem Biorhythmus arbeiten?
Leider kaum jemand. Manchmal aus Gründen, die wir oder jemand anders ändern könnte und manchmal auch nicht. Aber dies soll keine Diskussion zu Abhängigkeit, Interdependenz, freiem Willen und Selbstbestimmung werden…
Daher – du entscheidest, was du ändern kannst und willst. Manchmal ist allein das Wissen um deinen eigenen Biorhythmus und den Anforderungen deiner Aufgaben an dich genug, um deine Arbeit für dich besser zu gestalten. Und manchmal braucht es ein wenig Kreativität (im Sinne der Idee und ihrer Umsetzung…), um mit dem zu arbeiten, was du hast.
Für viele ist es einfach eine enorme Erleichterung zu erkennen, warum sie etwas ‚nicht oder schlecht auf die Reihe kriegen‘ (wie zum Beispiel ich und Abendveranstaltungen) und dann daraus ihre Konsequenzen ziehen und Lösungen etablieren.
Dieser Artikel ist vor allem eine Einladung an dich, vom ständigen sich zu etwas zwingen zu einem rhythmusorientierten Umgang mit dir selbst zu gelangen und somit einfach mehr von deiner besten Arbeit in die Welt zu bringen.
3 Impulse für dich
1.) Welche Kräfte brauchst du für deine Arbeit? Wann sind ihre Hochzeiten? Wie kannst du das herauskriegen?
2.) Welche Aufgaben musst du außerhalb der Zeiten ausführen, die dafür am besten wären? Wie gehst du damit um? Welche Alternativen könntest du dafür (in der Hochzeit deines lateralen Denkens) finden? Was könntest du einfach mal ausprobieren?
3.) Welche kleinen Veränderungen könntest du in deiner Arbeit einführen, um mit deinem Biorhythmus zu arbeiten? Was legst du am besten in deine soziale Zeit? Welche Ideenauffangsysteme könntest du für deine Zeit des lateralen Denkens erschaffen? Gibt es Ideenentwicklungsroutinen, die du in deiner Zeit des linearen Denkens manifestieren könntest? Wofür könntest du Zeiten der emotionalen Durchlässigkeit besonders gut nutzen? Wofür und wie könntest du deine körperliche Kraft am Tag optimaler nutzen?
Wie unterstützt dein Wissen über deinen Biorhythmus deine Arbeit? Ich freue mich, von dir zu hören.
Die 7 Basics des intuitiven Zeitmanagements:
- Disziplin, Schweinehunde und zusammengebissene Zähne? Nö, bringt nix…
- Was brauchen deine Aufgaben von dir?
- Biorhythmus – arbeite mit dir statt gegen dich
- Von Krähen und Schmetterlingen und deinem eigenem Arbeitsstil
- Regelmäßige Check-ins statt große Pläne
- Ein lustiges sich voran Experimentieren statt geballte Ladung Veränderung
- Was kann Minimalismus für deinen Zeitreichtum im Business tun?
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