Teil 6: Ein lustiges sich voran Experimentieren statt geballte Ladung Veränderung
Teil 6 der 7 Basics des intuitiven Zeitmanagments
Große Veränderungen brauchen einfach nur gute Pläne. Wirklich? Woher willst du denn vorher schon wissen, was bei den Veränderungen heraus kommt? Die kleinste Verschiebung bringt viele andere kleine Veränderungen mit sich und das ganze Gefüge muss neu gedacht werden. Immer wieder. Deswegen bringt dich fröhliches Experimentieren weiter als Pläne, die vorgeben, schon alles zu wissen.
Bald ist es wieder soweit: die Zeit der großen Vorsätze, Jahrespläne, Veränderungsversprechen und andere Kampfansagen an das unperfekte Ich. Auch wenn du weißt, dass du damit spätestens Mitte Februar brichst oder so tust, als ob du alles vergessen hast, hegst du jeden Dezember die Hoffnung, dass es diesmal klappt. Du brauchst halt nur mehr Disziplin…
Warum dich Disziplin nicht unbedingt weiterbringt, habe ich in dieser Blogreihe ja schon erzählt und dir auch Alternativvorschläge gemacht. Und dass es günstiger ist, in Kleinstschritten zu planen und lieber öfter wieder mit sich und der Realität einzuchecken, habe ich im letzten Blog Artikel erklärt.
Aber es gibt da noch eine Methode, die dich sicher und vor allem mit viel Spaß weiterbringt: das Experimentieren oder Trial & Error.
Hier sind meine Gründe, warum lustiges Herumexperimentieren mehr für dich tun kann als große Pläne der Veränderung:
Du behauptest ja gar nicht, es richtig zu machen.
Ein offiziell angekündigtes Experiment versteckt nicht, sondern zelebriert deinen neugierigen Amateurstatus und erschafft damit keine Erwartungen an Perfektion. Keine Erwartungen von außen und vor allem keine Erwartungen an Perfektion von dir selbst… Das heißt, du musst nicht warten, bis du perfekt bist, um endlich mitzumachen. Du übst ja noch.
Du darfst und sollst es sogar ‚falsch‘ machen und auch scheitern – darum geht es ja.
Kein sich ‚blöd-fühlen‘ Beigeschmack bleibt übrig. Keine Scham. Kein Gefühl des sich-Verstecken-Wollens und kein dringender Wunsch, unter einen Stein zu kriechen… Ein Experiment erwartet Fehler. Ein Experiment hofft auf Fehler. Und voila – da sind sie…
Du lernst mehr über das Problem.
Einer der vielen Gründe, warum ich sehr gern mit der CPS Methode arbeite (Creative Problem Solving), ist ihr Fokus auf das Problem. Nicht um darauf herumzureiten, Schuld hin und her zu schieben, sich leid zu tun etc, sondern um es im Detail zu verstehen und dann wirklich eine langfristige Lösung zu finden.
Allzu oft gehen wir so mit einem Problem um – wir bemerken ein Problem und rennen sofort los, um eine Lösung draufzuhauen. Oh, gut, das Problem – es ist weg, Hauptsache, niemand hat gemerkt, dass es überhaupt zu solch einer Schande gekommen ist. Wer hat denn Probleme?! Die Lösung passt nicht so wirklich? Das ist dann das Problem von jemand anderem. Wir haben es ja versorgt…
Und auch wenn beim CPS das Problem selbst im Detail untersucht wird, bevor Lösungen in Erwägung gezogen, entwickelt und implementiert werden, so ist das bewusste Verschiedene-Lösungen-ausprobieren auch eine effizientere Art der Problemlösung als das Problemdeckeln.
Wir tun ja gar nicht so, als ob wir die Lösung schon haben. Wir probieren halt aus, bevor wir uns für eine endgültige (oder längerfristige) Lösung entscheiden. Immer wenn etwas nicht passt, wissen wir wieder etwas mehr über das Problem.
Du lernst ganz bewusst aus deinen ‚Fehlern‘.
Statt sie zu vertuschen, schönzureden oder die Zeit mit Schuldzuweisungen zu verbringen, holst du sie dir unter das Mikroskop. Du stellst Fragen, veränderst die Auswahlkriterien der Lösung, passt an, veränderst, lernst und optimierst dich Schritt für Schritt voran.
Probieren geht über Studieren.
Die meisten Dinge kannst du dir nicht erdenken – du musst sie erlebt haben, um zu wissen, ob sie zu dir passen. Das Tolle am Experimentieren ist, dass du dabei auf Möglichkeiten stößt, die von außen betrachtet nicht unbedingt viel hergeben, aber in Aktion dich überzeugen können.
Du lernst dich besser kennen.
Da ist die Version von uns, die wir gern hätten. Und dann ist da die Version von uns, die real ist. Und genau so denken wir uns oft Lösungen für uns aus, die eher zu der erwünschten Version von uns passen und wundern uns dann, warum das wieder nicht funktioniert.
Das Experimentieren ist daher immer auch eine Entdeckungsreise zu deinem realen Ich. Und selbst wenn dieses reale Ich mitunter weit entfernt ist von dem, was du gern hättest, bringt es dir mehr, damit zu arbeiten.
Ja, es würde sich sicherlich cool anhören, wenn du dein Marathontraining mit 5km morgens um 5 Uhr beginnst, bevor die Kinder aufstehen. Aber wenn deine jetzige Ausdauer gerade mal 500m schafft und du dann röchelnd am Boden liegst und dich wunderst, was du da eigentlich tust und du eh kein Morgenmensch bist, dann lass es einfach. Du hast mehr davon, mit langsamen 500m anzufangen, nachdem du die Kinder in die Kita gebracht hast.
Diese Art der Erfahrung geht aber auch in die andere Richtung. Ich bin nicht wirklich ein Morgenmensch. Aber als ich im August den Rennsteig gelaufen bin und 30 Grad angekündigt waren, da bin ich um 5 Uhr aufgestanden und wanderte um 6 Uhr morgens bereits durch den Wald. Weil ich zwar frühes Aufstehen nicht mag, aber Hitze nicht nur nicht mag, sondern fürchte. Und um 6 Uhr morgens im Wald zu stehen ist einfach ein bezauberndes Erlebnis…
Du nimmst dir das Beste aus dem Experiment mit heraus als längerfristige Veränderung.
Das ist wie mit einer Matratze, die du 100 Tage testen darfst, bevor du dich für sie entscheidest – nach den 100 Tagen geht es einfach so weiter und ihr kennt euch ja bereits gut. Das Experimentieren ist ein offizieller Probelauf mit Optimierungsoptionen.
Ich liebe Experimente
Ich liebe die Freiheit daran, es falsch machen zu dürfen. Ich liebe das Abenteuer des Nichtwissens, was dabei herauskommt. Ich liebe es, Dinge zu entdecken, von denen ich vorher eigentlich überzeugt war, das sie nichts für mich sind – wie das Zeitenaufschreiben in meinem Juli Experiment. Ich liebe es, dass es durch Experimente immer spannend bleibt. Ich liebe es, von Dingen aus Erfahrung sprechen zu können…
Deswegen sind meine monatlichen Experimente nicht nur ein Marketing Tool für mich, sondern persönliche Leidenschaft.
Deswegen bin ich überglücklich, dass das bedingungslose Grundeinkommen mir ermöglicht hat, mein Lieblingsexperiment des Offenen Preises auszuprobieren.
Deswegen hoffe ich, dass auch du dich lustig herumexperimentierend an Dinge wagst, von denen du träumst, von denen du glaubst, dass sie eine Lösung für dein Problem sein könnten oder auf die du einfach neugierig bist
3 Impulse für dich
- Was möchtest du ändern, weißt aber nicht, wie? Was hättest du gern anders, gibst dich aber mit dem Ist-Zustand zufrieden, weil du bereits die Hoffnung aufgegeben hast, dass es anders sein könnte, dass du anders könntest? Was stört dich so sehr, dass es die meiste deiner Kraft in Anspruch nimmt, die aber eigentlich für etwas anderes gedacht wäre?
- Welche ‚Fehler‘ glaubst du könnten beim Experiment heraus kommen? Welche Fehler fürchtest du? Auf welche Fehler hoffst du? Was sind eigentlich ‚Fehler‘ im Rahmen deines Experiments? Musst du ‚Fehler‘ neu für dich definieren?
- Wann und wie wirst du dein Experiment auswerten? Nach welchen Kriterien? Wie wirst du die Bedingungen des Experiments festlegen und immer wieder neu definieren? Wann und wie wirst du entscheiden, was du daraus für dich mitnimmst?
Experimentierst du gern herum oder gehst du von vornherein davon aus, dass du alle Veränderungen immer weiter verändern wirst? Ist Trial & Error etwas für dich, dass dich voran bringt? Oder fühlt es sich eher nach Zeitverschwendung für dich an? Ich freue mich, von dir zu hören.
Die 7 Basics des intuitiven Zeitmanagements:
- Disziplin, Schweinehunde und zusammengebissene Zähne? Nö, bringt nix…
- Was brauchen deine Aufgaben von dir?
- Biorhythmus – arbeite mit dir statt gegen dich
- Von Krähen und Schmetterlingen und deinem eigenem Arbeitsstil
- Regelmäßige Check-ins statt große Pläne
- Ein lustiges sich voran Experimentieren statt geballte Ladung Veränderung
- Was kann Minimalismus für deinen Zeitreichtum im Business tun?
Interessant, dass ziemlich am Schluss die Sache mit dem bedingungslosen Grundeinkommen angesprochen wird. Auf die Idee komme ich nämlich auch immer öfter, wenn ich unter KollegInnen feststelle: Es ist so einfach, kreativ zu sein, frei zu sein und zu experimentieren, wenn man genügend Kapital hat. Wenn man es sich im wahrsten Sinn des Wortes *leisten* kann, auch mal zu versagen. Wenn der Kopf nicht zugeschüttet ist mit Existenzängsten.
Sonst hilft doch eher der langfristige Plan, der einem sagt, bis wann das Geschäft halbwegs funktionieren muss … auf herkömmlichen Wegen. An denen auch Banken und Administration interessiert sind.
Überlebensstrategien sind zwar auch ständige Experimente und lebendiges Improvisieren, aber das da ist anders.
Gefällt mir darum sehr – es wäre schön, wenn sich unsere Welt in eine derart freiere Art des Wirtschaftens entwickeln könnte. Und wenn die Menschen sich diese Freiheit wieder leisten können. Denn da liegen bei so vielen so viele Ideen brach. Danke für die Inspirationen!
Danke für das sehr ausführliche Feedback, liebe Petra van Cronenburg!
Mein Vorschlag ist, das Ganze von zwei Seiten anzugehen. Zum einen für das bedingungslose Grundeinkommen zu kämpfen und gleichzeitig von der anderen Seite schon mal das eigene glückliche Arbeiten zu üben, so dass wir es auch können, wenn es ‚genug Grund‘ gibt, es auszuüben. Ein bißchen davon können wir ja schon jetzt für uns erschaffen – Schritt für Schritt eben und ein lustiges Experiment nach dem nächsten…
Herzlichst, j.